Kammersymphonie

Ich habe meine (erste) Kammersymphonie nicht Erste Kammersymphonie, sondern einfach Kammersymphonie genannt, um mit Emphase zu betonen, wie sehr ich damals der Ersten Kammersymphonie von Arnold Schönberg verbunden war. Sie war ein Schlüsselwerk in meiner musikalischen Entwicklung. So beschloß ich, während ich das Poly-Werk Medusa komponierte, ein großes Werk für Solistenensemble zu komponieren. Ursprünglich sollte es fünfsätzig in einem Satz sein: „con linearità“, „con sveltezza“, „direttamente“, „afflosciando“ und „poco a poco con serenità“, durchaus in der Abfolge „Adagio – Scherzo – Presto – Adagio“. Doch dann schlich sich eine zweite Idee ein: ein latentes Violinkonzert. Entsprechend heißt die Widmung: „dem Andenken eines Engels“. So beginnt die Violine in hoher Lage, tritt immer wieder in den Vordergrund und macht sich im 5. Satz selbständig, indem sie ein langes Solo spielt, das der Kammersymphonie überhängt, längst nachdem diese zu einem Abschluß gekommen ist („senza orientazione“). Diese geht somit in ein Soloviolinstück über.

Meine Zweite bis Vierte Kammersymphonie komponierte ich im Siebenjahresrhythmus, die Fünfte mußte 2021 geschrieben werden. Jede Kammersymphonie versucht sich an einem anderem Typus von Symphonik. So bilden die Kammersymphonien das, was bei anderen vielleicht die Streichquartette sind – Kondensate der eigenen Stilentwicklung.

 

Claus-Steffen Mahnkopf