void

VOID

Zwei zentrale Themen meiner künstlerischen Arbeit sind das Schicksal des Judentums und die Verhängnisse des 20. Jahrhunderts. Das letztere war bereits Gegenstand meines Musiktheaters Angelus Novus (Mahnkopf Edition 3), das erstere wurde nach 2000 expliziert. Wenn ich im void-Zyklus die Verbindung von beidem thematisiere, thematisiere ich auch die Shoah. Das bedeudet aber nicht, daß meine gesamte Produktion eine Beschäftigung mit dem Holocaust wäre. Dennoch ist das Schicksal des Judentums eine meiner Lebensfragen, nicht zuletzt, weil meine verstorbene Frau, Francesca Yardenit Albertini, Jüdin war.

Das englische Wort void heißt Leere, aber auch Lücke. Diese Idee beschäftigt mich seit dem Jahr 2000, als ich das damals noch leere Jüdische Museum in Berlin, gebaut von Daniel Libeskind, kennenlernte, dessen Architekur mich sofort in den Bann zog und bis heute mich immer wieder beschäftigt. Libeskind durchzog den Bau mit vertikalen Räumen, die einfach leer und daher unbenutzbar sind, für einen Funktionsbau strengen Sinnes dysfunktional. Sie symbolisieren ein Abwesendes, die europäischen Juden, die nicht zuletzt bis zur Naziherrschaft das Berliner Leben bereicherten. Libeskind ist ein Meister für Abwesenheiten, für Verluste, wie jüngst sein 9/11-Memorial in New York beweist. Ihm, dem Architekten, widmete ich meine einstündige Komposition Hommage à Daniel Libeskind für sechs Spieler (2002-12).

Wenn ich nun das kulturelle Konzept des Verlustes aufgreife, dann nicht mit der weitverbreiteten musikalischen Ästhetik der Stille und des Schweigens, sondern gehaltsästhetisch. Ich beziehe mich auf bestimmte Sujets, die ich musikalisch verarbeite. Dabei geht es mir nicht um die Vergangenheit als solche, sondern um die Auswirkungen ihrer Zerstörungen für unsere Gegenwart. Die Zäsur im 20. Jahrhundert ist zweifelsohne der Komplex aus Naziherrschaft, Zweitem Weltkrieg und Holocaust – ein Kulturbruch, der zugleich ein Zivilsationsbruch ist, der die gesamte Welt umkrempelte (Vernichtung der europäischen jüdischen Kultur, Vorherrschaft der USA, Teilung Europas, Nah-Ost-Konflikt etc.). Es ist nicht abzusehen, wann sich wieder ein »Normalzustand« wird einstellen können. Vor allem die ethischen, kulturellen, wissenschaftlichen und philosophischen Auswirkungen sind ausgreifend. An diesem Themenkomplex arbeitet sich meine Musik in bestimmten Teilen ab, als Arbeit am »kulturellen Gedächtnis« (Assmann).

In diesem Zusammenhang steht mein void-Zyklus, der aus zehn Werken besteht, je zwei für Orchester, Elektronik, Kammermusik, Stimme und Geräusch und ist seit 2002 in Arbeit. Dieser work in progress mündet in ein Musiktheater, das auf alle diese Stücke zurückgreift, ohne sie jemals komplett zu präsentieren, und diese durch eine komplexe Durchmischung amalgamiert. Die (bisherigen) Werke sind in der Reihenfolge ihrer Entstehung: void – mal d’archive für 8-Kanal-Zuspielung (2002/03), humanized void für großes Orchester (2003-07), voiced void für 24 Solostimmen (2008), void – un delitto italiano. Un epitaffio für Vokalsextett (2009), void – kol ischa asirit für großes Orchester (2010-12), metalized void für einen Schlagzeuger (2015/16); der Zyklus wird fortgesetzt.

Das Orchesterwerk humanized void bildet so etwas wie die Vergegenwärtigung der eigenen Vorgeschichte. Alban Berg versuchte sich vor gut 100 Jahren an einer atonalen Symphonie, deren nachgelassene Skizzen das Ausgangsmaterial dieser halbstündigen Komposition sind. Sie beschreibt eine imaginäre Brücke zwischen jener Zeit und der unseren, weniger im Sinne einer Zeitreise, eher in dem eines Traums verschiedener und verschieden präsenter Erinnerungsfetzen. Das zentrale Thema »void« wird aufgegriffen, indem der musikalische Fluß immer wieder von Phasen »leerer« Streicherakkkorde (mithin ohne morphologisches Geschehen) unterbrochen wird. Die Musik wird dadurch deutlich gedehnt. Die symphonische Tradition steht für mich für die längst zerstörte bürgerliche Gefühlskultur, deren letzter großer Repräsentation Alban Berg war. Für dessen zutiefst menschliche Musik ist heutzutage kaum Anschluß möglich. Eine Ahnung von dem zu geben, was uns verloren gegangen ist, ist der poetische Ort dieser Komposition, die unsere eigene Vorgeschichte wie durch ein trübes Auge hindurch zu vergegenwärtigen sich bemüht.

Wie ist eine Dezimierungsszene musikalisch darzustellen? Wenn jede zehnte Person in einer Reihe für die Exekution herausgegriffen wird? Wie, wenn es sich um Frauen und Mädchen handelt? Wie – am schlimmsten – wenn sich das historisch zugetragen hat, in keinem bösartigen Ort als Auschwitz? Wie vollends, wenn ein junges Mädchen, das an einer Zehnerposition stand, überlebt, nachdem die Frau neben ihr die Plätze vertauschte, weil sie sich retten wollte, sich aber verrechnete und anstelle des Mädchens exekutiert wurde? Ich kann mir kaum eine grausamere Situation vorstellen: Jemand überlebt, weil ein anderer ihn opfern wollte und sich dabei verkalkulierte. Die Reduktion des Menschen auf die nackte Zahl 10 – wie mag das in Musik übersetzt werden? Ich entwarf mit dem Orchesterstück void – kol ischa asirit mein abstraktestes und reduziertestes Stück: 10 Minuten, hundertmal die gleiche Gestalt, eine Folge von zehn Impulsen, mit einer einzigen Ausnahme, einer harten Orchesterwalze im Fortissimo-Tutti. Im Hintergrund erklingt aus zwei Lautsprechern eine vorab mit dem Orchester aufgenommene harmonische Fläche, von der sich die real gespielten Ereignisse absetzen.

Bei meinem ersten Besuch des Berliner Jüdischen Museums bemerkte ich eine spezifische Akustik, vor allem im sogenannten Holocaust-Turm. Im Dezember 2002 machte ich mich auf den Weg, um dort und in einem der Voids, wo die Installation Fallen Leaves von Menashe Kadishman untergebracht war, Tonaufnahmen zu machen, die ich im Experimentalstudio der Heinrich-Strobel-Stiftung des SWR in Freiburg zur Raum-Klang-Komposition void – mal d‘archive verarbeitete. Das Werk ist mit der Ausnahme von wenigen Oboentönen eine Art musique concrète. Es ist für 8 Lautsprecher und entwirft eine räumliche Landschaft, in der mit diesen Klängen eine Geschichte erzählt wird, deren Konkretion sich jeder Hörer selber ersinnen muß. »mal d’archive« ist der Titel eines Buches von Jacques Derrida und bedeutet in diesem Zusammenhang, daß in eine Leerstelle der Erinnerung etwas eingeschrieben wird.

Literatur: Claus-Steffen Mahnkopf, The Inclusion of the Non-Own. On Five Works with Foreign Material, in: ders. et al. (Hg.), Musical Material Today (= New Music and Aesthetics in the 21st Century, vol. 8), Hofheim: Wolke 2012, und: ders., Concept and Abstraction. »void – kol ischa asirit« and »Hommage à Brian Ferneyhough«, in: ders. et al. (Hg.), Substance and Content in Music Today (= New Music and Aesthetics in the 21st Century, vol. 9), Hofheim: Wolke 2014; ders., Deutschland oder Jerusalem. Das kurze Leben der Francesca Albertini, Springe 2013. Egbert Hiller, »Vergangenheit als radikale Gegenwart«. Claus-Steffen Mahnkopfs Opernprojekt »void – Archäologie eines Verlustes«, in: Ferdinand Zehentreiter (Hg.), Die Musik von Claus-Steffen Mahnkopf, Hofheim: Wolke 2012.

(Claus-Steffen Mahnkopf)

 

VOID

Two central themes of my artistic work are the fate of Judaism and the disasters of the 20th century. The latter was already the topic of my music theatre work Angelus Novus (Mahnkopf Edition 3), while the former was made explicit after 2000. In thematizing the connection between the two in the void cycle, I also thematize the Shoah. That does not mean, however, that my entire work occupies itself with the Holocaust. Nonetheless, the fate of Judaism is one of the central questions in my life, not least because my late wife, Francesca Yardenit Albertini, was Jewish.

The word “void” denotes emptiness, but also a gap. This idea has preoccupied me since 2000, when I became acquainted with the Jewish Museum in Berlin (still empty at the time), built by Daniel Libeskind; his architecture immediately captivated me, and I have repeatedly engaged with it to this day. Libeskind filled the building with vertical rooms that are simply empty and thus unusable – for a functional building in the strict sense, they are dysfunctional. They symbolize something absent: the European Jews, who not least enriched Berlin life until the Nazi regime came to power. Libeskind is a master of absences and losses, as his recent 9/11 memorial in New York demonstrates. It was to him, the architect, that I dedicated my one-hour composition Hommage à Daniel Libeskind for six players (2002-12).

When I now take up the cultural concept of loss, then, it is not through the widespread musical aesthetic of silence and muteness, but rather in substanceaesthetic terms. I refer to particular subjects that I process musically. Here I am not concerned with the past as such, but rather with the effects that the destructions within it have on our present time. The caesura in the 20th century is undoubtedly the complex of Nazi rule, the Second World war and the Holocaust – a cultural rupture that is at once a civilizational rupture which turned the whole world upside down (the extermination of European Jewish culture, the predominance of the USA, the separation of Europe, the Middle East conflict, etc.). The return to a “normal state” is unlikely in the foreseeable future. The ethical, cultural, scientific and philosophical effects are most far-reaching of all. It is this complex of themes that parts of my musical output confront, attempting to work on the “cultural memory” (Jan Assmann).

This is the context of my void cycle, which consists of ten works – two each for orchestra, electronics, chamber ensemble, voice and noise – and has been ongoing since 2002. This work in progress will culminate in a music theatre composition that draws on all of these pieces without ever presenting them in full, rather amalgamating them through a complex mixing process. The works to date, in order of composition, are: void – mal d’archive for 8-channel fixed media (2002/3), humanized void for large orchestra (2003-7), voiced void for 24 solo voices (2008), void – un delitto italiano. Un epitaffio for vocal sextet (2009), void – kol ischa asirit for large orchestra (2010-12) and metalized void for solo percussion (2015/16); the cycle will continue.

The orchestral work humanized void could be described as a calling to mind of one’s own history. Over a century ago, Alban Berg attempted to compose an atonal symphony; the surviving sketches formed the starting material for this half-hour composition. It traces an imaginary bridge between that time and our own – less in the sense of a journey through time than that of a dream consisting of diverse and varyingly present fragments of memories. The central theme of “void” is addressed through a repeated interruption of the musical flow by phases of “empty” string chords (that is, chords with no morphological activity); these palpably stretch the music. To me, the symphonic tradition stands for the long-destroyed bourgeois emotional culture, whose last great representative was Alban Berg. It is scarcely possible to follow on from his profoundly human music today. Giving an inkling of what was lost to us is the poetic place of this composition, which attempts to call to mind our own history as if through clouded eyes.

How can a scene of decimation be represented in music – a situation in which every tenth person in a line is selected for execution? How can it be done when the victims are women and young girls? How, worst of all, when this historically occurred, in no less evil a place than Auschwitz? And how is it at all possible when a young girl standing in one of those tenth positions survived after the woman next to her, seeking to save her own life, switched places with her but miscalculated, and was subsequently executed herself? I can barely imagine a crueller situation: someone survives because another person wanted to sacrifice them and miscalculated. The reduction of human beings to the naked number 10 – how can this be translated into music? With the orchestral piece void – kol ischa asirit, I conceived my most abstract and reductive work: 10 minutes long, the same musical element played a hundred times, a sequence of ten impulses with a single exception: a harsh orchestral crescendo to a tutti fortissimo. In the background, one hears a harmonic texture played through loudspeakers, recorded with the orchestra beforehand, throwing the live events into relief.

Upon my first visit to the Jewish Museum in Berlin I noticed a specific acoustic, especially in the “Holocaust Tower”. In December 2002 I visited the museum to record sounds there and in one of the “Voids”, where Menashe Kadishman’s installation Fallen Leaves was located. I subsequently worked with these recordings at the SWR Experimental Studio of the Heinrich Strobel Foundation in Freiburg, resulting in the spatial composition void – mal d’archive. Except for a few oboe notes, the work is a form of musique concrete. It is for 8 loudspeakers, and develops a spatial landscape in which these sounds are used to tell a story whose concretion each listener must conceive for themselves. mal d’archive is the title of a book by Jacques Derrida; in this context, it refers to something being inscribed in a gap in the memory.

Further reading: Claus-Steffen Mahnkopf, The Inclusion of the Non-Own. On Five Works with Foreign Material, in: Claus-Steffen Mahnkopf et al. (eds.), Musical Material Today (= New Music and Aesthetics in the 21st Century, vol. 8), Hofheim: Wolke 2012, and: Concept and Abstraction. »void – kol ischa asirit« and »Hommage à Brian Ferneyhough«, in: Claus-Steffen Mahnkopf et al. (eds.), Substance and Content in Music Today (= New Music and Aesthetics in the 21st Century, vol. 9), Hofheim: Wolke 2014; Deutschland oder Jerusalem. Das kurze Leben der Francesca Albertini, Springe 2013. Egbert Hiller, »Vergangenheit als radikale Gegenwart«. Claus-Steffen Mahnkopfs Opernprojekt »void – Archäologie eines Verlustes«, in: Ferdinand Zehentreiter (ed.), Die Musik von Claus-Steffen Mahnkopf, Hofheim: Wolke 2012.

(Claus-Steffen Mahnkopf)

 

VOID

Deux thèmes sont au centre de mon travail artistique : le destin du judaïsme et les destinées du 20ème siècle. Ce dernier était déjà l’objet de mon théâtre musical Angelus Novus (Mahnkopf Edition 3), le premier devint explicite après 2000. En thématisant dans void-Zyklus le lien entre les deux, je thématise aussi la Shoah. Mais cela ne signifie pas que l’ensemble de ma production s’occupe de l’Holocauste. Si le destin du judaïsme est un de mes questionnements vitaux, ce n’est pas, enfin, parce que mon épouse défunte, Francesca Yardenit Albertini, était juive.

Le mot anglais void signifie vide, mais également manque. Cette idée me préoccupe depuis 2000, année pendant laquelle je découvris le Musée Juif de Berlin, encore vide à l’époque, construit par Daniel Libeskind et dont l’architecture m’ensorcela et me tient toujours sous le charme. Libeskind traversa la construction d’espaces verticaux, vides et donc inutilisables, pour un bâtiment fonctionnel dysfonctionnel stricto sensu. Ils symbolisent l’absence, les Juifs européens, qui enrichissaient particulièrement la vie berlinoise jusqu’au règne des nazis. Libeskind s’avère un maître pour les absences, pour les pertes, ainsi qu’en témoigne son récent 9/11 Memorial à New-York. C’est à lui, l’architecte, que j’ai dédié ma composition d’une heure Hommage à Daniel Libeskind pour six instrumentistes (2002-12).

Si je m’empare maintenant du concept culturel de la perte, ce n’est pas par le biais de l’esthétique musicale commune du silence et du mutisme, mais par son contenu esthétique. Je me rapporte à des sujets déterminés que je traite musicalement. Aussi ne s’agit-il pas pour moi du passé en tant que tel, mais des effets de ses destructions pour notre présent. La césure au 20ème siècle est sans conteste le complexe du régime nazi, de la deuxième guerre mondiale et de l’Holocauste – une rupture culturelle qui est en même temps une rupture de civilisation qui a bouleversé le monde entier (destruction de la culture juive européenne, domination des USA, division de l’Europe, conflit au Proche-Orient, etc.). Il ne faut pas perdre de vue le moment où une « situation norma- le » pourra revenir. Avant tout, les répercussions éthiques, culturelles, scientifiques et philosophiques ont une portée immense.

C’est sur ce complexe thématique que ma musique s’épuise en certains endroits, en tant que travail sur la « mémoire culturelle » (Assmann). C’est dans ce contexte que s’élabore mon void-Zyklus, constitué de dix œuvres, dont deux pour orchestre, électronique, musique de chambre, voix et bruitage et se trouve sur le métier depuis 2002. Ce work in progress débouche sur un théâtre musical qui se reporte à toutes ces pièces, sans jamais les présenter de façon complète, et qui les amalgame dans un mélange complexe. Dans l’ordre de leur genèse, les œuvres jusque-là composées sont : void – mal d’archive pour dispositif 8 canaux (2002/03), humanized void pour grand orchestre (2003-07), voiced void pour 24 voix solistes (2008), void – un delitto italiano. Un epitaffio pour sextuor vocal (2009), void – kol ischa asirit pour grand orchestre (2010-12), metalized void pour un percussionniste (2015/16) ; le cycle va être poursuivi.

L’œuvre orchestrale humanized void représente quelque chose comme la remémorisation de sa propre histoire. Voici plus de cent ans, Alban Berg s’essayait à une symphonie atonale dont les esquisses abandonnées constituent le substrat de cette composition d’une demi-heure. Elle décrit un pont imaginaire entre ce temps et le nôtre, non pas dans le sens d’un voyage temporel, mais plutôt comme un rêve de différents lambeaux mémoriels différemment présents. Le thème central « void » est saisi, dans lequel le flux musical est interrompu par des phases d’accords de cordes à vide (soit sans événement morphologique). Aussi la musique se distend-elle clairement. La tradition symphonique m’apparaît comme la culture bourgeoise du sentiment détruite depuis longtemps et dont le dernier grand représentant fut Alban Berg. Nulle jonction à cette musique très profondément humaine n’est aujourd’hui possible. Pour donner une idée de ce que nous avons perdu, disons que le lieu poétique de cette composition essaye de redessiner nos popres antécédents comme à travers un œil trouble.

Comment représenter musicalement une scène d’extermination ? Quand une personne sur dix est arrachée à la file pour être exécutée ? Comment, lorsqu’il s’agit de femmes et de jeunes filles ? Comment – au pire – quand l’histoire s’est déroulée dans un lieu aussi malfaisant que Auschwitz ? Comment, enfin, si une petite fille qui tenait la dixième place survit, après que la femme près d’elle, pour se sauver, a interverti leurs places et se trouve exécutée à la place de la petite fille parce qu’elle a mal compté ? Je peux difficilement m’imaginer pire situtation : quelqu’un survit parce qu’une autre personne voulait la faire sacrifier en se trompant dans ses calculs. La réduction de l’homme au seul nombre 10 – comment traduire cela en musique ? J’esquissai avec la pièce d’orchestre void – kol ischa asirit ma pièce la plus abstraite et la plus réduite : 10 minutes, cent fois la même figure, une série de dix impulsions hormis une seule exception, une valse orchestrale âpre dans un tutti fortissimo. En arrière-plan une zone harmonique enregistrée préalablement par l’orchestre est diffusée par deux haut-parleurs, de laquelle ressortent les événements qui se sont vraiment produits.

Lors de ma première visite au Musée Juif de Berlin, je remarquai une acoustique spécifique, et notamment dans la tour dite de l’Holocauste. En décembre 2002, j’entrepris d’y faire des enregistrements ainsi que dans une des Voids où Fallen Leaves de Menashe Kadishman était installée, que je retravaillai dans le studio expérimental de la Fondation Heinrich Strobel de la SWR de Freiburg pour la composition sonore spatialisée void – mal d’archive. À l’exception de quelques sons de hautbois, la pièce est une sorte de musique concrète. Elle est pour 8 haut-parleurs et esquisse un paysage spatial, dans lequel une histoire est racontée avec ces sons, dont chaque auditeur doit inventer soi-même la concrétion. « mal d’archive » est le titre d’un livre de Jacques Derrida et signifie dans ce contexte que quelque chose est inscrit dans une place vide du souvenir.

Références litterèraires : Claus-Steffen Mahnkopf : The Inclusion of the Non-Own. On Five Works with Foreign Material (dans : Claus-Steffen Mahnkopf et al. [Éditeurs], Musical Material Today [= New Music and Aesthetics in the 21st Century, vol. 8], Hofheim: Wolke 2012); Concept and Abstraction. »void – kol ischa asirit« and »Hommage à Brian Ferneyhough« (dans : Claus-Steffen Mahnkopf et al. [Éditeurs], Substance and Content in Music Today [= New Music and Aesthetics in the 21st Century, vol. 9], Hofheim: Wolke 2014); Deutschland oder Jerusalem. Das kurze Leben der Francesca Albertini, Springe 2013. Egbert Hiller, »Vergangenheit als radikale Gegenwart«. Claus-Steffen Mahnkopfs Opernprojekt »void – Archäologie eines Verlustes« (dans : Ferdinand Zehentreiter [Éditeur], Die Musik von Claus-Steffen Mahnkopf, Hofheim: Wolke 2012).

(Claus-Steffen Mahnkopf)