Astronomica

Astronomica

Hätte ich ein zweites Leben, ich studierte Mathematik und Physik, um zu begreifen, wie die Welt aufgebaut ist und vor allem woher sie kommt, ja warum es sie überhaupt gibt. Diese Fragen sind zugleich philosophische Fragen. Für das fünfsätzige Werk habe ich Texte aus Lehrbüchern der Astronomie entnommen und umformuliert. In jedem der ersten vier Sätze steht ein Duo aus einer Sängerin bzw. einem Sänger und einem Instrument (Flöte, Klarinette, Schlagzeug, Violoncello) im Vordergrund, gleichsam rezitatisch begleitet von den übrigen. Der letzte und längste Satz wird von allen 8 Musikern bestritten. Die (in der Regel gesprochenen) Texte haben diese thematischen Kerne: Hintergrundrauschen; schwarzes Loch; Wurmloch; Ekpyrosis; Inflation.

Die Texte

1: Kosmische Hintergrundstrahlung, 380.000 Jahre nach dem Urknall entstanden. / Die Temperatur der Schwarzkörperstrahlung von heute beträgt 2,726 (± 0,002) Kelvin. / Die Rotverschiebung z beträgt 1089 ± 0,1. / Jeder Kubikzentimeter des Vakuums des Weltraums enthält durchschnittlich 400 Photonen der Hintergrundstrahlung. / Die Expansion des Weltraums erzeugt einen Dopplereffekt von 0,0033 Kelvin bezogen auf den Mittelwert. / Der Mikrowellenhintergrund ist fast ideal isotrop – fast. / Nobelpreis 2006 für John C. Mather und George F. Smoot.

2: Schrumpft die Erde auf den Schwarzschild-Radius von 9 Millimetern, wird sie zu einem schwarzen Loch. / Was in ein Schwarzes Loch fällt, liegt in der unendlichen Zukunft des Außenbeobachters. / Schwarze Löcher haben keine Haare, sondern Masse, Rotation und eventuell elektrische Ladung. / Die Umgebung von Schwarzen Löchern ist heller als alles, was wir kennen. / Das supermassive Schwarze Loch in der Galaxie M87 hat eine Masse von 3 · 109 Sonnenmassen. / Durch den Hawing-Effekt verdampfen Schwarze Löcher, eines mit 5 Sonnenmassen braucht 1062 Jahre, eines von der Größe des Mount Everest lediglich 15 Milliarden Jahre.

3: Wurmlöcher sind hypothetisch möglich. Die Frage ist, ob sie existieren, und wenn ja, wo, wie groß, wie stabil sie sind. / Um Wurmlöcher zu bauen, bedarf es exotischer Materie, höherer Dimensionen beziehungsweise negativer Energie. / Wurmlöcher sind tunnelartige Verbindungen durch die Raumzeit. Man käme weit. Vielleicht in ein Paralleluniversum. / Wurmlöcher sind nichts für Würmer und vermutlich auch nichts für Menschen. Sie sind quanten-glitschig. / Lasciate ogni speranza voi ch’entrate.

4. Das ekpyrotische Universum, von griechisch Ekpyrosis, gleich Weltenbrand, besteht aus Branen in einem Hyperraum. / Eine Bran ist ein n-dimensionales Objekt der Stringtheorie. Ein String ist eindimensional, eine Membran zweidimensional, unsere Welt dreidimensional. / Der Hyperraum bildet die gesamte Welt, ist fünfdimensional und wird „bulk“ genannt. / Darin befinden sich dreidimensionale Brane, bei deren Kollision neue Universen entstehen. Unser Urknall war eine solche Kollision. / Unser Universum mit drei Raum- und einer Zeitdimension ist in diesen fünfdimensionalen Raum eingebettet. / Neben uns, auch dicht daneben, können weitere Universen existieren.

5: Die Inflationäre Epoche fand statt zwischen 10-35 und 10-33 Sekunden nach dem Urknall. / Das Weltall dehnte sich von 10-50 auf 1 cm aus, also um das 1050-fache. / Dadurch kühlte es auf 1027 Kelvin ab. Seither ist die Inflation verlangsamt. / Die Isotropie ist das Ergebnis der Inflation. Die Anisotropie erzeugt die Welt. / Durch die Anisotropie entsteht ein Dualismus aus Filamenten, Materieansammlungen, und Voids, Hohlräumen. / Der für uns sichtbare Radius des Universums beträgt ca. 13,819 Milliarden Lichtjahre. Dasselbe ist wesentlich größer: Sein Durchmesser hat ca. 93 Milliarden Lichtjahre.

(Claus-Steffen Mahnkopf)